Die Operation des Tennisarms – Mehr als nur ein Placebo?

Die Operation des Tennisarms wird laut Leitlinie der Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädischen Chirurgie 1 nur empfohlen, wenn eine „Beschwerdepersistenz 2 trotz konservativer Therapie mit entsprechendem Leidensdruck“ vorherrscht. Dabei gibt es verschiedene Verfahren, um einen Tennisarm zu operieren. Beispielsweise können die betroffenen Streckersehnen am Ursprung abgelöst werden (Verfahren nach Hohmann) oder das beschädigte Sehnengewebe kann entfernt werden (Verfahren nach Nirschl).

In der Medizin wird die Beurteilung einer Operation im Vergleich zu einer Scheinoperation als Goldstandard für die Überprüfung der Wirksamkeit der Operation angesehen. Die Verwendung einer Scheinoperation als Vergleichsmaßstab ermöglicht den Behandlungseffekt genau zu ermitteln. Verschiedene orthopädische Operationsverfahren wurden mit Hilfe des Vergleichs zu einer Scheinoperation untersucht. Die Ergebnisse sind dabei ernüchternd. Es konnten keine Unterschiede zwischen einer Scheinoperation und einer echten Operation festgestellt werden. 3 Natürlich muss man bei der Interpretation dieser Ergebnisse vorsichtig sein, da nur eine kleine Anzahl an Studien existieren.

Bislang gab es nur eine unveröffentlichte Doktorarbeit von Kroslak 4, die die Operation nach Nirschl mit einer Scheinoperation verglichen hat. Nun liegt eine veröffentlichte Studie von Kroslak et al, 5 vor. Untersuchungsgegenstand war dabei die Operation nach Nirschl (Entfernung von beschädigten Sehnengewebe) gegenüber einer Scheinoperation (= Einigen Teilnehmern wurde nur ein Hautschnitt zugefügt). Es wurden 26 Patienten in zwei gleiche große Gruppen zufällig aufgeteilt. Die Patienten hatten ihren Tennisarm mindestens sechs Monate und zwei erfolglose, konservative Behandlungsversuche hinter sich. Es konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen Scheinoperation und Operation nach sechs Monaten und zweieinhalb Jahren festgestellt werden. In allen untersuchten Bereichen (Schmerzreduktion, Funktionsfähigkeit) gab es keine Unterschiede zwischen Scheinoperation und wirklicher Operation.

Mögliche Erklärungen für die Ergebnisse sind laut der Autoren:

  • eine Heilungsstimulation durch die Operationen,
  • der natürliche Verlauf der Erkrankung 6,
  • die lokale Denervation 7 durch die Schnittstellen der Operationen
  • und der Hawthorne Effekt 8.

Die Studie liefert starke Argumente für eine Ablehnung eines operativen Eingriffs bei einem Tennisarm. Die Studie hatte jedoch nur eine geringe Anzahl von Teilnehmern, was die Aussagefähigkeit der Studie einschränken kann. Des Weiteren benötigt man weitere Studien, um dieses Ergebnis zu bestätigen!

Abschließende Bewertung

Operationen bei einem Tennisarm sind nach heutiger Sachlage nicht eindeutig annehmbar
oder ablehnbar. Es könnte sein, dass ein Großteil der Erfolge von Operationen durch den
Placeboeffekt zu Stande kommen. Operation sollten nur als letztes Mittel bei der Behandlung
des Tennisarms durchgeführt werden.

 

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Notes:

  1. Jerosch Jörg, Loew Markus “Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Epicondylopathia radialis humeri“ Überarbeitung vom 22.9.2011, AWMF online.
  2. Persistenz = Krankheit bleibt ohne Veränderung länger bestehen.
  3. Louw, Adriaan, et al. “Sham Surgery in Orthopedics: A Systematic Review of the Literature.” Pain Medicine 18.4 (2017): 736-750.
  4. Kroslak, Martin. Surgical treatment of lateral epicondylitis. Diss. University of New South Wales, 2012.
  5. Kroslak, Martin, and George AC Murrell. “Surgical treatment of lateral epicondylitis: a prospective, randomized, double blinded, placebo controlled clinical trial.” Journal of Shoulder and Elbow Surgery 26.10 (2017): e328-e329.
  6. Viele Erkrankungen sind selbst-limitierend. Das heißt die Erkrankung bessert sich von alleine. Die körpereigene Selbstheilung bringt den Leidenden wieder zur Gesundheit. Um die Wirkung einer Behandlung aufzuzeigen, muss dieser Faktor in der Untersuchung kontrolliert werden.
  7. = Durchtrennung der schmerzübertragenden Nerven im Gebiet des Ellenbogen
  8. In der Medizin heißt das, dass allein das Beobachten der Studienteilnehmer zu einer Verbesserung der Symptome der Patienten führen kann. Eine bloße Beobachtung des Therapeuten kann also ausreichen, um u.U. einen Therapieeffekt zu erzielen.
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